Dienstag, 31. Oktober 2006

Dialog

am wochenende hatte ich die ehre, beim gründungstreffen des jungen forums innerhalb der "begegnung christen und juden" als jüdischer gastreferent teilzunehmen.

da die runde recht klein war, war es mir möglich, zum einen die ganze zeit teilzunehmen und b. mich auch die ganze zeit einzubringen.

nun muss man sich als jude natürlich die frage stellen, was ein solcher dialog eigentlich soll und wohin er schlussendlich führen soll. und natürlich darf man auch nicht die augen vor einer kritischen rückschau nicht verschließen.

dafür erlaube ich mir folgende provokante these: eigentlich hat der christlich-jüdische dialog der letzten 60 jahre versagt. wenn die zielsetzung des dialoges war, dass in deutschland ein offenes, menschen respektierendes klima herrschen soll, so zeigen sich alle debatten, die wir hinsichtlich des islams gerade in deutschland erleben, als die 180% umwendung dessen.

wenn es also in unserer gesellschaft ein leichtes ist, menschen anderer religion als der christlichen auszugrenzen und zu stigmatisieren, dann dürfte der schritt, auch wieder juden auszugrenzen nicht schwer fallen.

oder?

... schreibe gleich weiter ....

Dienstag, 24. Oktober 2006

simchat-torah-synagogen-hopping teil 2

es war natürlich selbstvertändlich, dass wir nach dem für mich so neuen, aber dadurch auch umso schöneren G'ttesdienst in der sefardischen synagoge zum Kiddusch eingeladen wurden. das was uns serviert wurde war sehr schmackhaft und aussreichend - übrigens scheint es nach meinen bisherigen erfahrungen die einzige gemeinde in berlin zu sein, die eine fleischige küche hat (bitte korrigiert mich, wenn ich falsch liege).

mit einem wohligen gefühl im bauch und eingigen ohrwürmern der dort vernommenen melodien folgte eine kurze nacht. das wiederkommen am ächsten morgen war für mich beschlossne sache und so änderte ich mein hopping durch die berliner synagogen-szene kuzfristig ab und kam auch am sonntag in der früh wieder in die gemeindeum simchat torah dort zu feiern.

ich bedaure, dass ich euch keine fotos oder einen film präsentieren kann. wie am vorabend wurden wir freundlich empfangen und herzlich in das was folgte mit eingebunden. es sei auch n dieser stelle erwähnt, dass in sefardischen gemeinden fast alles aus dem siddur laut vorgebetet wird, so dass der geneigte mitbeter wesentlich besser folgen kann und - zum beispiel der nicht-muttersprachler - sein hebräisch-kenntnisse durchaus aufpolieren kann (großes plus: sefardische aussprache).

ein kleiner warnhinweis: die bracha nach der Torah-lesung unterscheidet sich ein wenig von der aschkenasischen. also, besser nicht auswenig den segen sprechen, sondern ablesen. es verhindert eine enttarnung :-)

um den bericht nicht in die länge zu ziehen und euch die möglichkeit zu geben, eigene eindrücke zu gewinnen, schließe ich an dieser stelle meinen bericht über die jüngste synagogengemeinde innerhalb der jüdischen gemeinde zu berlin ab. allen, die in der nächsten zeit nach berlin kommen, ist hiermit ein besuch der synagoge wärmstens ans herz gelegt. es gibt "selbstverständlich" einen täglichen schacharit (um 7.30h).

mein synagogenhopping-wochenende endete am montag mit einem schacharit in der joachimsthaler synagoge. was erwartet einen: klassisch aschkenasisch-orthodox, ideal für leute, die auf der einen seite eine gemeinschaft suchen mit der sie beten können, auf der anderen seite, vor dem ersten kaffee eigentlich mit niemanden reden wollen. wenig junge menschen. alles in allem eine ruhige, medidative atmosphäre. sicher nicht der höhepunkt meines wochenendes, aber ein würdiger abschluss. (ach so, wer der aschkenasischn aussprache nicht so mächtig ist, sollte sich dringend neben jemanden setzten, der einem ab und an zeigt, wo man sich gerade im siddur befindet.)

Montag, 23. Oktober 2006

simchat-torah-synagogen-hopping - teil 1

eigentlich bin ich ja nicht der größte fan von berlin, aber das letzte wochenende hat dazu beigetragen, dass ich doch noch einer werden könnte. natürlich nur in bezug auf das jüdische leben, was sich über die letzten tage hin als außerordentlich vielseitig gezeigt hatte, über den rest der stadt und meiner dazugehörigen eindrücke lege ich mal lieber den mantel des schweigens.

nun gut. fangen wir damit an, dass ein besuch aus israel sich für freitag ankündigte und ich ihm anbot, dass er mich zum G'ttesdienst begleiten könne. besuch aus israel heisst in der regel entweder religiös und orthodox, oder nicht-obeservant und orthodox, libral ist die große ausnahme. ich bot ihm daher vorausschauend an, in einen der tradtitionellen, ortodoxeren synagogen den G'ttesdiesnt zu feiern oder, kontrast muss ja sein, classical reform in der pestalozzi-strassse, also mit orgel, chor und museumscharakter.

nadav entschied sich für classical reform, sowas kannte er nicht und er war neugierig. nach einem freundlichen sicherheitscheck kam mein besucher nicht aus dem staunen heraus. ich weiss nicht, wer von euch die synagoge von innen kennt, aber sie hat eben keine bimah in der mitte und die bestuhlung hat schon eher was von weniger bequemen alten bahnhofbänken, aber auf der anderen seite ist sie eine schöne, helle und beeindruckende synagoge - etwas überheizt.

es war durchaus eine ordentliche anzahl beter da und mit dem ersten orgelton war meinem besucher klar, dass er sich auf etwas gaaaanz neues einzustellen hatte: kantor mit mikrophon, das seine stimme bis zur unkenntlichkeit verzerrt, chor mit frauenstimmen, eigenwillige anordnung der gebete und wenig aktive menschen. im wesentlichen wurde geschwätzt und dem schauspiel im vorderen teil der synagoge keine aufmerksamkeit geschenkt - achtung, gilt nicht für alle teilnehmer des G'ttesdienstes, aber war zumindest so ansteckend, dass ich keine hemmungen hatte, Nadav zu erklären, was genau passiert und wie dieser ritus innerhlab der jüdischen welt einzuordnen ist. bis auf einige, wenige einschübe hatte ich eher nicht den eindruck, dass wir am vorabend zu schemini azeret stehen, es kann aber auch sein, dass meine aufmerksam eher beim gespräch mit meinem nachbarn lag.

mit einem kurzen und schönen kiddusch in der sukka klang der abend in der pestalozzi straße aus. an dem gemeinsamen singen müssen wir alle noch üben, aber das ist ja in der dortigen synagoge auch eher nicht notwendig.

für mitsinger ist in berlin eh am besten die oranienburger synagoge geeignet. mitmachen ist absolut erwünscht und macht zudem auch noch spass. da die dortige gemeinde den jüdischen kalender gemäß der israelischen tradition beachtet, wurde nicht nur schemini azeret begangen, sondern auch simchat torah. ein langer G'ttesdienst, mit hallel, hakafot, Torah-lesung und viel singen.

ein wichtiger warnhinweis: die hagba'a für rechtshänder, wenn die Torah auf bereschit gestellt ist, ist eher schwierig und sollte entweder geübt sein, oder bedarf vieler, die drum herum stehen und ängstlich die hände in richtung der Rolle halten, um sie notfalls zu fangen. ich war nicht so geübt.

nach einem leckeren kiddusch - bestehend aus teils mitgebrachten milchigen/parven speisen - gab es eine spontaneinladung zu mitstudenten von mir, was meine persönliche feiertagsstimmung bei 100% hielt. nach viel schokolade (jona hat eine schokoladenfabrik ausgeraubt) beschlossen wir, erev simachat torah (diesmal wieder nach dem diaspora kalender berechnet) in der sefardischen synagoge zu feiern.

ich war zum ersten mal dort und es war ein wunderschönes erlebnis. zuerst aber ein hinweis an die frauen unter meinen leserInnen. es handelt sich dabei um eine orthodoxe gemeinde, d.h. seperat sitzen und passiv sein, aber der frauenbereich ist so zentral in der synagoge, dass frau mittem im geschehen sitzt und zumindest alles perfekt sehen kann (der einizig negative punkt in der synagogenbewertung). im anfang waren wir noch ein wenig aufgeschmissen, was den ablauf im siddur anging, aber die gemeindemitglieder waren so aufgeschlossen und freundlich, dass wir schnell den passenden siddur auf der richtigen seite in der hand hatten und unsere sitzpläte am rand zugunsten eines mitfeierns in der mitte der synagoge getauscht hatten. wer es uns gleich machen will, und die sefardische synagoge in berlin besuchen möchte, den erwarten tolle melodien und eine sehr lebendige gemeinde.

teil zwei des berichtes folgt in kürze :-)

Donnerstag, 12. Oktober 2006

mal ehrlich

heute habe ich eine nette mail teilen, die ich als antwort auf einen längeren chat vor einigen tagen hatte. irgendetwas muss ich wohl während des chattes falsch gemacht haben, oder richtig. so oder so, ein netter beitrag zu "ich bin ja kein antisemit ...":

"späte antwort auf deine letzte message: «ich könnte übrigens nicht rabbiner werden, wenn mein partner nicht-jüdisch wäre

Erstaunt mich nicht, dass es so ist. Ich meine, wer sich für ein Mitglied von "Gottes auserwähltem Volk" hält ( wie auch immer dieser angebliche Gott, der erfunden wurde, um sich selbst über den "Rest" von geschätzten 99,9% der Menschheit, den sogenannten "goyim" zu erheben; denn WAS könnte bedeutender sein, als von einem leibhaftigen Gott auserwählt zu sein??), kann sich selbstverständlich nicht mit etwas anderem verbinden. Ich halte nichts von solchen, wie ich meine ziemlich faschistoiden Weltanschauungen und bin eh der Ansicht, dass Religionen nur zur Abgrenzung von und der Herabwürdigung anderer dienen. Dazu werden sie auch bis heute benutzt.

Ebenso, wie die von Menschen verfassten Märchenbücher, wie Bibel, Thora oder Koran, die bis heute dazu dienen und benutzt werden, um Herrschafts- und Besitztansprüche (z. B. auf Land) zu begründen, OBWOHL archäologische und historische Fakten etwas anderes belegen. Wer sich von "den Anderen" abgrenbzen und als etwas Besseres darstellen wollte, der erfand einfach eine neue Religion. So wird es bis heute gemacht, aber nun sind es halt Sekten, die sich gründen.

Auch kann ich nicht Leute, wie dich verstehen, die sich aus bestehenden Religionen einfach immer nur all das herauspicken, was ihnen gefällt und zusagt und den Rest verwewrfen. Gemäß dem Motto: "Wir basteln uns eine neue Religion" Warum akzeptierst Du z. B. nicht, dass sowohl für Judentum, Christentum als auch Islam Schwule als "Fehlentwicklung" und "Teufelswerk" betrachtet werden?
Frage:
Wie weit kann man also Jude, Christ oder Moslem sein, wen sowas behauptet und von der MEHRHEIT der Anhänger jener Religionen geglaubt und entsprechend ag(it)iert wird? Wohl nur dan, wenn man sich sagt: "Das gefällt mir nicht, also nehme ich es aus meiner Privatreligion heraus"

So war es auch mit den (ärmeren, bäuerlichen) Israeliten, die sich von den (wohlhabenderen) Kanaanäern abgrenzen wollte, obwohl sie genetisch(!) mit ihnen verwandt sind und von ihnen abstammen. Wohl nach dem Motto: "Wir sind zwar ärmer, als Ihr, aber dafür von Gott erwählt und erhat uns auch Euere Land geschenkt!"
Ich brauche dir wohl nicht zu sagen, dass dieser BRUDERKRIEG bis heute anhält und besagte, selbstverfassten Schriften bis heute dazu dienen, Land zu okkupieren und zu anektieren sowie Menschen zu vetreiben und in Lager einzuferchen. Und sowas KOTZT MICH AN und widerspricht meinem Gerechtigkeitsempfinden! Und bis heute werden jüdische Siedlungen auf Ländereien ausgeweitet, die selbst der Bibel nach nie zu erez israel zählten. WARUM und mit welcher Begründung?

So schwer es einem gläubigen Juden auch fallen mag: Aber weder gab es je einen Auszug aus Ägypten, noch war Jerusalem zu Davids Zeiten so prächtig und groß, wie erzählt wird (alleine die in der Bibel angegebene Größe des Harems übersteigt bereits die erwiesene Zahl der Einwohner der Stadt zu jener Zeit!)

Außerdem sind sie ein Mittel, um bestehende Ungerechtigkeiten (z. B. die Verteilung materieller Güter zu legitimieren: Ist halt angeblich Alles "gottgewollt" und "gebt dem Kaiser, was des Kaisers gebührt" ...) und eine komplexe Welt auf einfach Weise zu "erklären".

Mal ehrlich: Kann man Menschen, die glauben UND behaupten, dass Mohamed von Jerusalem aus auf seinem weißen Hengst in den Himmel ritt oder die glauben UND behaupten, dass Jesus von den Toten auferstand und in den Himmel entschwebte oder solche, die behaupten UND glauben von Gott erwählt zu sein, wirklich ernst nehmen? Würde jemand sowas heute behaupten gesehen zu haben, so käme er doch in die Psychiatrie, oder?

Ich lasse JEDEM seinen GLAUBEN, möchte aber meinen "Unglauben" behalten dürfen. Doch TOLERANZ sucht man auf Seiten der "Gläubigen" zumeist ja vergeblich. LEIDER!"

noch fragen?

Montag, 9. Oktober 2006

zur person


DIES SIND ALLES BILDER, DIE ICH FÜR MEINEN ANDEREN BLOG BRAUCHE :-)








Weiterbildung

vom 2. - 4. november findet in berlin ein arzenu-seminar zum progressiven zionismus statt. ich würde mich freuen, wenn ich einigen von euch auf dem seminar begegnen könnte.

infos unser www.arzenu.de

Mittwoch, 4. Oktober 2006

mein neuer rabbiner

irgendwie war jom kippur wie letztes jahr - es war anders als im jahr zuvor und trotzdem vertraut.

wir haben einen neuen rabbiner in der gemeinde. und mit neu meine ich nicht, dass er die betreuung der gemeinde erst kürzlich übernommen hat, nein. er ist wirklich ein neuer rabbiner. frisch vom kolleg (böse zungen würden eher sagen, frisch aus dem studio, nach dem ganzen wirbel, den seine ordinierung und die zweier seiner mitstudenten erzeugt hat). mein neuer rabbiner heisst tom und wurde vor nicht mal drei wochen ordiniert. davor war er in unserer gemeinde rabbinerstudent und ein kommilitone von mir.


über die ordination konnte man ja nun wirklich genug lesen. die pressemappe hat den umfang eines kleinen buches und ich finde, dass die ganze aufmerksamkeit zurecht so groß war. wer etwas anderes behauptet, hat eventuell nicht begriffen, dass die ordination keine alltäglichkeit war und eine zu tage getragene bescheidenheit niemanden etwas genützt hätte. man muss investieren, wenn man etwas erreichen will. und das ziel, das das kolleg und der zentralrat hatten ist kein kleines. es geht nicht darum, mal 50,- euro für ne spendendose zu bekommen, sondern die ausbildung von rabbinerinnen und rabbinern in deutschland langfristig zu sichern.

und warum sollte man solch eine ordination von rabbinern eigentlich im kleinen kämmerchen durchführen? wir leben doch nicht auf einer kleinen insel in irgendeinem ozean, abgeschieden von der restlichen zivilisation. wir sind teil der gesellschaft und es ist wichtig, dass wir uns in ihr zeigen; gerade, wenn wir etwas zu feiern haben. dürfen jüdinnen und juden sich nur zu wort melden, wenn es antisemitische übergriffe ereignet haben, wenn nazis irgendwo ein hotel kaufen?

nun ist tom also rabbiner. zu erev rosh ha-shanah stand er dann zum ersten mal vor der gemeinde als rabbiner. genau an diese stelle gehört er. man fühlte, dass die ganze gemeinde an sein erfolg teilhaben durfte, dass er gemeinsam mit uns weiter gehen möchte, dass beide seiten lust haben, nun an die nächsten, neuen aufgaben heranzugehen. mit dieser grundstimmung waren die hohen feiertage in münchen wunderbar untermauert.

ein neuer rabbiner stand vor und trotzdem war er allen sehr vertraut. ich wünsche tom noch einmal von dieser stelle alles gute.

[foto: tom bei der akademischen abschlussfeier in dresden]

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Shalom

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Charlottenburg, Berlin, Germany
שלום Shalom, wolltet Ihr schon immer mal wissen, was so ein Rabbinerstudent in Berlin alles erlebt? Nun, mein Blog soll Euch einen kleinen Einblick gewähren. Kurzinfos zu meiner Person: Rabbinerstudent im ersten Jahr, 35, verheiratet, zwei Katzen, zur Zeit in Berlin, aber im Herzen in München und Jerusalem, Aktiv bei arzenu Deutschland, ReChtSCHreibMuffel

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